Der Christopher Street Day in Berlin – ursprünglich gedacht als politischer Protest für gleiche Rechte – ist heute vorwiegend eins: ein schrilles, selbstverliebtes Spektakel geworden, das kaum noch zu erkennen gibt, wogegen oder wofür eigentlich demonstriert wird. Mittendrin: Kai Wegner, CDU-Bürgermeister, feiernd, posierend, mit Regenbogenfahne wie ein Influencer auf Stimmenfang.
Was ist da passiert? Ein CDU-Politiker, traditionell Verfechter von „klassischen Werten“, springt plötzlich auf den queeren Partyzug auf – und die Community jubelt ihm zu. Man fasst es kaum. Wegners Auftritt auf dem Berliner CSD war primär eins: unangenehm anbiedernd. Eine Partei, die über Jahrzehnte gegen die Rechte queerer Menschen stimmte, hofiert nun dieselbe Szene, als hätte sie den Kampf für Gleichstellung einst selbst angeführt. Man fragt sich: Ist das noch Politik oder schon Gesinnungskarneval?
Wer sich den CSD 2025 angesehen hat, sah nicht nur bunte Wagen, sondern auch eine Szene, die sich in ihrer eigenen Wokeness suhlt. Was einst ein notwendiger Kampf gegen Diskriminierung war, hat sich vielfach in eine kulturelle Überhöhung verwandelt, die kaum noch Kritik zulässt. Gender-Flaggen in jeder denkbaren Variante, Forderungen nach „Safe Spaces“ überall, und ein Diskurs, in dem Andersdenken automatisch als „rechts“ oder „hasserfüllt“ diffamiert wird – das ist kein Fortschritt, das ist dogmatischer Rückschritt. Wer heute sagt, dass Biologie existiert, wird ausgepfiffen. Wer sich kritisch zur Frühsexualisierung in Schulen äußert, wird gecancelt. Was ursprünglich als Bewegung für Akzeptanz begann, hat sich in Teilen zur moralischen Bevormundungsinstanz entwickelt. Und das hat mit Toleranz wenig zu tun.
Wegner hat sich beim CSD nicht nur gezeigt – er hat sich dort inszeniert, um Zustimmung in den urbanen, vermeintlich „progressiven“ Kreisen zu bekommen. Doch was bringt es der Gesellschaft, wenn ein CDU-Politiker sich auf einem queeren Straßenfest feiern lässt, während seine Partei weiterhin blockiert, wo es konkret wird? Das Problem ist nicht, dass er dort war – sondern dass es keiner mehr hinterfragt. Der CSD ist zur Bühne für Beliebigkeit geworden. Politiker wie Wegner nutzen sie, um sich als tolerant darzustellen, während sie politisch kaum Verantwortung übernehmen. Und die LGBTQ-Community? Applaudiert begeistert – Hauptsache, jemand trägt die richtige Fahne. Dass dabei jede politische Ernsthaftigkeit auf der Strecke bleibt, scheint kaum zu stören.
Was bleibt nach dem CSD 2025 in Berlin? Ein CDU-Politiker, der sich für etwas feiern lässt, das seine Partei jahrzehntelang bekämpft hat. Eine Community, die sich in Teilen selbst radikalisiert hat und echte Kritik kaum mehr zulässt. Und eine Öffentlichkeit, die lieber klatscht als hinterfragt.
Der CSD war einmal ein Ort des Aufbruchs – heute ist er oft nur noch ein bunter Maskenball, bei dem die Kostüme bunter sind als die politischen Inhalte. Und Kai Wegner war dieses Jahr die peinlichste Maske von allen.