Wir bleiben leider für einen Moment noch in Berlin.
Berlin hat Tempo aufgenommen – aber hat jemand auch ans Lenkrad gedacht?
Seit 2024 gibt es in der Hauptstadt den deutschen Pass in Rekordzeit. Statt acht Jahren braucht es nur noch fünf – oder sogar drei, wenn man besonders „gut integriert“ ist. Digital, zentralisiert, effizient. Klingt erst einmal wie ein Fortschritt. Doch bei genauerem Hinsehen erinnert das Ganze eher an einen Behörden-Drive-In: „Staatsbürgerschaft zum Mitnehmen, bitte – ohne Beilage, aber mit Datenausfall.“ Was früher persönliche Gespräche, Prüfungen und Geduld erfordert hat, läuft jetzt größtenteils online. Ein paar Klicks, ein paar Dokumente – und zack, Antrag fertig. Zumindest theoretisch.
Intern gibt es Berichte über Einbürgerungsquoten, die pro Mitarbeiter erfüllt werden müssen. Acht Fälle pro Woche – wer das schafft, darf ins Homeoffice. Das hat mit sorgfältiger Prüfung eines so sensiblen Vorgangs nicht mehr viel zu tun. Eher mit Akkordarbeit im Amt.
Und während Berlin stolz verkündet, wie viele Pässe jetzt monatlich ausgegeben werden, stellt sich eine unangenehme Frage: Wie viele davon wurden ehrlich beantragt – und wie viele unter der Hand vergeben? Berichten zufolge wurden in der Berliner Ausländerbehörde Termine und sogar Pässe gegen Geld verkauft. Nicht von windigen Hinterhof-Händlern, sondern mutmaßlich von innen heraus – Mitarbeitende sollen mitgemischt haben. Willkommen im Selbstbedienungsladen für Staatsbürgerschaft. Wer zahlt, spart sich den Umweg über Wartelisten und Warteschlangen. Was macht das mit dem Vertrauen in den Rechtsstaat? Mit dem Wert des deutschen Passes? Wenn jeder, der genug zahlt, Zugang bekommt, verliert das Ganze seinen Sinn. Statt Staatsbürgerschaft auf Basis von Zugehörigkeit und Engagement, gibt’s eine neue Währung: Kontakte, Geld und Glück im Terminportal.
Berlin hat es mal wieder geschafft, ein gutes Konzept mit Vollgas gegen die Wand zu fahren. Datenverluste durch IT-Pannen, verwirrte Antragsteller, unklare Kommunikation – und mehr als 1.500 Untätigkeitsklagen innerhalb eines Jahres. Willkommen in der Hauptstadt der halbfertigen Lösungen. Ein Pass ist mehr als nur ein Dokument. Wer deutscher Staatsbürger wird, sollte verstehen, was das bedeutet – demokratische Werte, Verantwortung, Grundgesetz. Das alles in einem Online-Antrag abhaken zu lassen ist einfach nur naiv. Berlin will 40.000 Einbürgerungen pro Jahr schaffen. Warum? Weil es gut klingt. Integration, Fortschritt, Fachkräftesicherung – alles schöne Schlagworte. Nur leider zeigt die Realität: Wer mit Zahlen statt mit Konzepten regiert, verliert schnell die Kontrolle. Und am Ende steht die Verwaltung vor dem gleichen Chaos – nur mit mehr Excel-Tabellen.
Fazit: Weniger Turbo, mehr Verstand.
Einbürgerung sollte langsam und bedacht bleiben. Aber bei allem Eifer darf nicht vergessen werden: Staatsbürgerschaft ist ein Versprechen. Keine Serviceleistung. Keine politische Trophäe.